Panis siligineus ist Latein und bedeutet nichts anders als „Weizenbrot“. Das hab ich nämlich hier versucht zu backen: Das „gute Brot“ der reicheren Oberschicht im antiken römischen Reich. Nicht mit dem Anspruch, die wissenschaftliche Qualität eines Historikers zu erreichen sondern nur um eine Ahnung davon zu haben, seit wann es das Brot wie wir es kennen in unseren Breiten schon gibt.
Und das lässt sich mit dem 2. Jhdt. v. Chr. in etwa eingrenzen. Damals lernten nämlich die Römer, versäuertes Brot zu backen indem sie mit wilden Hefen, Bierschaum oder eben Sauerteig zu backen begannen. Ab da gings dann recht rasant – die waren damals schon Feinschmecker – und es entwickelten sich viele Sorten von Brot und sogar erste Vorläufer von Gebäck. In Carnuntum in Niederösterreich kann zum Beispiel ein Kuppel-Backofen aus römischer Zeit bewundert werden, in dem das in solchen Garnisonsstädten sehr verbreitete „panis militaris“, das nahrhafte Brot der Soldaten gebacken wurde.
Das war nach heutigem Wissenstand ein auf Vollkornmehl basierendes Brot mit dem Anspruch satt zu machen. Also keine leichte Kost.
Die feine Gesellschaft hat da sicher auch feinere Brote gegessen und es waren auch damals schon feine Auszugsmehle von Emmer, Weizen und Dinkel in Verwendung. Was damals aber noch weitgehend unbekannt war ist Roggenmehl. Auch die heutige Germ in Würfelform oder getrocknet gabs damals noch nicht.
Auf dieser Basis hab ich dieses Brot zusammengestellt. Es besteht aus einem Weizensauerteig, der mit Dinkelvollkornmehl angesetzt wird und ein sogenanntes „Brühstück“, bei dem Dinkelvollkornmehl mit kochendem Wasser übergossen wird und dann vorquellen kann. Diese beiden Vorteige werden dann mit Kamut- und Dinkelauszugsmehl, Salz, Fenchelpollen, Anis und Wasser zu einem Teig verarbeitet. Bestreut mit Mohn kommt dabei ein Brot raus, das möglicherweise einem der vielen antiken römischen Brotsorten nahe kommt.
Gut ist es in jedem Fall 🙂
PS: Falls ich beim Brotnamen lateinischen Unsinn verbrochen habe – ich hatte nur das ganze kleine Latinum: 38 Bände Asterix 😉
Zubereitung
Los gehts mit dem Getreidebrei, dem Brühstück. Der muss 12 Stunden quellen, daher rechtzeitig damit anfangen. Dafür gehts schnell: Das Wasser aufkochen, über das Dinkelvollkornmehl gießen und gut verrühren. 10 Minuten abkühlen lassen und zugedeckt 12 Stunden bei Raumtemperatur quellen lassen.
Etwa 4 Stunden später kommt der Sauerteig dran. Der ist genauso schnell gemacht: Handwarmes Wasser mit dem Anstellgut aus dem Kühlschrank verrühren, das Dinkelvollkornmehl klumpenfrei einrühren und bei Raumtemperatur 8 bis 10 Stunden reifen lassen. Der Sauerteig ist reif, wenn er vollständig von kleinen Bläschen durchsetzt ist und/oder ein kleines Stück davon in einer Schale Wasser schwimmt.
Sind diese beiden Vorteige reif, gehts an den Hauptteig. Dafür das Wasser in die Knetschüssel der Küchenmaschine geben, den Sauerteig und die beiden Mehlsorten dazugeben. Das miteinander verrühren bis es ein grober Teig ist. Dann zugedeckt in der Knetschüssel 30 Minuten quellen lassen.
Nach dieser Autolyse die restlichen Zutaten des Hauptteiges dazugeben – Fenchel, Anis, Salz, Getreidebrei – dazugeben und 8 Minuten auf langsamer Stufe kneten. Danach noch 2 Minuten auf schnellerer Stufe auskneten. Den Teig in der Knetschüssel weitere 30 Minuten rasten lassen.
Dann den Teig in eine leicht mit Olivenöl geölte Teigwanne oder ein passendes flaches Gefäß kippen und von jeder der vier Seiten einmal den Teig hochziehen und über den restlichen Teigballen legen. Das ist das sogenannte „Strech & Fold“ oder „Dehnen & Falten“. Das kommt jetzt gleich noch öfter und sorgt dafür, dass der Teig und damit später das Brot gut in Form bleibt.
So schaut der Teig nach diesem ersten Dehnen und Falten aus:
Nun den Teig in der Wanne zugedeckt eine Stunde gehen lassen.
Nach dieser Stunde Gehzeit nochmal Dehnen und Falten, wieder eine Stunde gehen lassen. Dann noch ein drittes mal Dehnen und Falten – dabei den Teig schonender behandeln, er ist jetzt schon sehr gut von Gasblasen durchzogen, und noch ein Mal eine Stunde rasten lassen.
Jetzt den Teig aus der Wanne auf eine gut bemehlte Arbeitsfläche kippen und – ihr erratet es nie – mit Dehnen und Falten von jeder der vier Seiten in eine halbwegs rund Form bringen. Das muss an dieser Stelle nicht penibel gemacht werden, da kommt noch was. Den Teigling 15 Minuten mit der „Naht“ nach unten entspannen lassen.
Den Teig jetzt umdrehen, so dass die Naht oben liegt und jetzt in insgesamt 8 Schritten den Teig dehnen und falten. Nach jedem Mal den Teig nur um 45° weiterdrehen bis am Ende eine runde, gewölbte Form vor einem liegt.
Diesen Teigling jetzt in ein mit einem gut bemehlten Tuch ausgelegtes Gärkörbchen legen und zugedeckt etwa 1 Stunde gehen lassen.
Wenn man einen Ofen mit Backstein verwendet, ist jetzt ein guter Zeitpunkt diesen auf 250° Ober-/Unterhitze vorzuheizen.
Wenn der Teig annähernd volle Gare erreicht hat, den Teigling vorsichtig auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und mit Küchengarn binden. Dabei das Garn so legen, dass acht Segmente entstehen. Der Faden sollte am Teig anliegen aber nicht gespannt sein.
Nun mit einer Sprühflasche befeuchten und mit dem Mohn bestreuen. Achtet darauf, dass der Teigling beim bzw. nach dem Befeuchten nicht auf der Arbeitsfläche anklebt!
Mit einem Brotschieber aufnehmen und auf den vorgeheizten Backstein einschießen. Sofort beschwaden mit der Methode der Wahl – Sprühflasche, Wasserschale, etc. – und die Ofentüre schließen. Die Temperatur sofort auf 200° reduzieren und das Brot in etwa 45 Minuten backen bis es eine goldgelbe Kruste hat.
Das Brot ist fertig, wenn es sich hohl anhört wenn man auf den Boden klopft oder – so mach ichs – eine Kerntemperatur von 97° misst.
Aus dem Ofen nehmen und auf einem Gitter abgedeckt auskühlen lassen.
Das Brot ist sehr luftig und aromatisch. Die Gewürzmischung aus Fenchel und Anis ist sicher etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich finde es ist eine schöne Abwechslung und eröffnet auch neue Möglichkeiten für die Verwendung des Brotes als Jause, Beilage oder was mir sonst noch so einfallen wird 🙂
Und optisch ist es genau so geworden wie ich es mir vorgestellt habe. Der praktische Sinn dieser Segmente ist übrigens, dass man es an diesen „Sollbruchstellen“ teilen kann – so wie es schon in der Bibel steht: „Und es geschah, da er mit ihnen zu Tische saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen.“ [Lukas, 22.19]
Rezept
Zutaten
Sauerteig
- 30 g Weizensauerteig-Anstellgut kühlschrankkalt
- 40 g Wasser 30°
- 40 g Dinkelmehl Vollkorn
Brühstück
- 75 g Dinkelmehl Vollkorn
- 115 g Wasser kochend
Hauptteig
- Sauerteig
- Brühstück
- 150 g Dinkelmehl 700 glatt
- 250 g Kamutmehl 700 glatt
- 285 g Wasser Leitungskalt
- 2 g Fenchelpollen gemörsert
- 1 g Anis gemörsert
- 12 g Salz
zum Bestreuen
- 15 g Mohnsamen
Kurzanleitung
Sauerteig
- Für den Sauerteig alle Zutaten klumpenfrei verrühren und bei Raumtemperatur 8 Stunden reifen lassen. Der Sauerteig ist fertig, wenn ein kleines Stück davon in Wasser schwimmt und/oder der Sauerteig mit kleine Blasen vollständig bis an die Oberfläche durchzogen ist.
Getreidebrei (Brühstück)
- Das Wasser aufkochen und sofort über das Mehl in einer hitzefesten Schüssel gießen. Gut verrühren, 10 Minuten abkühlen lassen und dann zugedeckt 12 Stunden bei Raumtemperatur quellen lassen.
Hauptteig herstellen
- Für den Hauptteig die beiden Mehlsorten mit dem Sauerteig und dem gesamten Wasser in einer Knetschüssel vermischen. Abgedeckt 30 Minuten quellen lassen.
- Danach den Getreidebrei, die Fenchelpollen, den Anis und das Salz dazugeben und alles gemeinsam ca. 8 Minuten auf langsamer Stufe kneten. Dann noch 2 Minuten auf etwas schnellerer Stufe kneten.
- Den Teig abgedeckt in der Knetschüssel 30 Minuten ruhen lassen.
- Nach dieser Ruhezeit den Teig in eine leicht geölte Wanne kippen und mit befeuchteten Händen an einer Seite hochziehen und nach außen ziehen, dann über den restlichen Teig legen. Dieses "Dehnen und Falten" auf den restlichen drei Seiten wiederholen.
- Den Teig abgedeckt in der Wanne eine Stunde ruhen lassen.
- Danach ein weiteres Mal von allen Seiten dehnen und falten. Wieder eine Stunde ruhen lassen.
- Das dehnen und falten ein drittes Mal durchführen und den Teig danach wieder eine Stunde zugedeckt gehen lassen.
- Jetzt den Teig auf eine gut bemehlt Arbeitsfläche kippen und mittels dehnen und falten in eine runde Form bringen. Mit der Naht nach unten 15 Minuten entspannen lassen.
- Den Teigling mit der Naht nach oben auf die bemehlt Arbeitsfläche legen und nun mit 8 Schritten dehnen und falten – den Teig immer um 45° weiterdrehen – in seine endgültige, runde Form bringen.
- Den Teigling umdrehen in ein mit einem bemehlten Tuch ausgelegtes Gärkörbchen legen und etwa 60 Minuten bis fast zu vollen Gare gehen lassen.
- Jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt, den Backofen mit Backstein auf 250° Ober-/Unterhitze vorzuheizen.
- Bei erreichter Gare den Teigling auf die bemehlte Arbeitsfläche kippen und mit Küchengarn so binden, dass acht Segmente entstehen. Die Schnur sollte am Teig anliegen, aber nicht gespannt sein. Mit einer Sprühflasche mit Wasser besprühen und mit Mohn bestreuen. Dabei darauf achten, dass der Teigling mit dem Sprühwasser nicht an der Arbeitsfläche anklebt!
- Das Brot mit einem Brotschieber aufnehmen und auf den gut vorgeheizten Backstein legen. Sofort gut beschwaden, die Ofentür schließen und die Temperatur auf 200° reduzieren.
- Das Brot etwa 45 Minuten backen bis es goldbraun ist bzw. eine Kerntemperatur von 97° hat. Das Brot sollte sich hohl anhören, wenn man auf seinen Boden klopft.
- Auf einem Gitter zugedeckt auskühlen lassen.
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Ingrid
Habe das Roggenbrot mit dem 3 Stufensauerteig gemacht. Das Brot ist super und sehr saftig. Kann es nur weiterempfehlen. Das beste Rezept überhaupt.
Wie behandle ich den übrig gebliebenen 3 Stufensauerteig? Weiterfüttern wie einfachen Sauerteig?
Vielen Dank im Voraus für ihre Stellungnahme und lG Ingrid
Dietmar
Liebe Ingrid,
Es freut mich sehr, dass das Roggenbrot schmeckt!
Ja, der restliche Vollsauer ist zum Weiterfüttern vorgesehen.
Lg Dietmar