Einer der drei Bestandteile der „Dreifaltigkeit“ im Brotkörberl des Wirtshaustisches meiner Jugend war – neben dem Semmerl und dem Salzstangerl – das Mohnflesserl. Das hat zwar zum Gulasch nur bedingt gepasst, war aber immer mein Favorit zur sauren Wurst, die ich gerne zum Gabelfrühstück aß.
Herkunft
Das Mohnflesserl ist ein sogenanntes Gebildbrot, ein Gebäck mit einer besonderen Form, einer figürlichen Darstellung. Hier soll die Form laut Dr. Max Höfler, der darüber 1902 in der Zeitschrift für österreichische Volkskunde darüber schrieb, an ein Donaufloß erinnern. Damals wurden noch drei Flesserl so gebacken, dass sie wie ein Zeilenbrot aneinander anbackten.
Der Ursprung liegt auch nach diesem Artikel in der Stadt Linz, die an der dort floßbaren Donau liegt. So liegt der Schluss von Dr. Höfler nahe, dass es sich bei diesen Flesserl oder „Flößerl“ um eine Opfergabe vor oder nach der Donaufloßfahrt handelte.
In dem Artikel wird außerdem beklagt, dass diese Flesserl vom Aussterben bedroht sind – damit hat er glücklicherweise nicht recht behalten, denn mittlerweile werden die Mohnflesserl bis Wien und darüber hinaus gebacken und gegessen.
Teig
Der Teig für die Mohnflesserl ist der selbe wie für die Wiener Kaisersemmel bzw. kann jeder Teig, mit dem Semmeln gemacht werden auch für die Mohnflesserl verwendet werden.
Meiner ist unser Familienrezept mit direkter Teigführung und für die Mohnflesserl, diesen Teig wie >>>in diesem Beitrag beschrieben<<< vorbereiten bis zu den geschliffenen und gerasteten Teiglingen. Das sieht dann so aus:
Formen
Für das Formen der Mohnflesserl gibts im Internet einige sehr gute Videos, die ich in der Qualität nicht zur Verfügung stellen kann. Ich habe aber ein paar Bilder gemacht, die vielleicht auch reichen, so kompliziert ist es nicht 🙂
Schritt 1: Teigstrang rollen
Der erste Schritt ist auch gleich der wichtigste. Nämlich aus einem Teigling einen runden Strang von gleichmäßiger Dicke und einer Länge von etwa 40cm rollen. Der Strang sollten wirklich gleichmäßig dick und rund sein.
Schritt 2: Schlaufe legen
Das rechte Ende des Teigstranges zu einer Schlaufe legen und bei etwa einem Drittel der Länge fest andrücken
Schritt 3: Schlaufe wenden
Die Schlaufe einmal so wenden, dass eine Art Kordel entsteht
Schritt 4: Einfädeln
Das linke Ende des Teigstranges von oben durch die Schlaufe fädeln und auflegen
Schritt 5: Schlaufe nochmal wenden
Die Schlaufe an dem Ende ohne eingefädelten Teig nehmen und zu einer 8 umdrehen. Bitte hier auf das Bild achten, nicht verkehrt herum drehen!
Schritt 6: Finale
Zum Schluss das offene Teigende von oben durch die nun kleine Schlaufe stecken und auf der Unterseite gut andrücken. Fertig!
Gehen lassen
Die Teiglinge zuerst ohne Bestreuung mit der Oberseite nach unten für 15 Minuten bei Raumtemperatur zugedeckt gehen lassen.
Dann umdrehen, die Oberseite mit Wasser besprühen und mit der befeuchteten Oberseite in eine Schüssel mit Mohn-Salzmischung drücken. Diese Teiglinge jetzt mit der Oberseite nach oben auf einem bemehlten Tuch ablegen und zugedeckt bis zur 3/4 Gare reifen lassen.
Anmerkung: Blaumohn ist als Bestreuung üblich, ich nehme aber auch gerne Weißmohn. Ich mag das nussiges Aroma vom Weißmohn.
Backen
Gebacken werden die Mohnflesserl genau so wie die Kaisersemmel: Bei 3/4 Gare in den mit Backstein auf 230° Ober/Unterhitze gut vorgeheizten Backofen einschießen, gut beschwaden und 3 Minuten anbacken. Dann die Temperatur auf 180° reduzieren – ohne den Dampf abzulassen – und weitere 10 Minuten backen.
Dann die Ofentüre öffnen um den Dampf abzulassen und die Flesserl in weiteren ca. 5 Minuten bis zur gewünschten Bräune fertigbacken.
Zum Beschwaden verwende ich den „Schwadomat“ von Bongu, aber jede andere Methode ist hier genauso geeignet.
Wenn die Flesserl die gewünschte Farbe haben, aus dem Ofen nehmen und auf einem Gitter ablegen. Mit Wasser besprühen und zugedeckt auskühlen lassen.
Die Mohnflesserl passen als Beilage zu allem möglichen – wie der erwähnten sauren Wurst. Zu Zeiten des Dr. Höfler haben die „Eingeborenen und Zuagrasten in und um Linz“ das gebutterte Flesserl auch gerne mit Marmelade oder Honig gegessen.
Wie es beliebt, Hauptsache viel Mohn ist drauf!
Das „Körberl“ bitte!
Rezept
Zutaten
- 490 g Mehl 700er, glatt
- 230 ml Wasser Leitungskalt
- 30 ml Wasser handwarm, 30°
- 15 g Germ frisch
- 15 g Butter zimmerwarm
- 10 g Salz
- 10 g Backmalz aktiv
- 7 g Malzextrakt flüssig, inaktiv
Zum Bestreuen
- Mohn
- Salz Flocken oder mittelgrob
Kurzanleitung
- Germ im lauwarmen Wasser auflösen und das Flüssigmalz (bzw. den Zucker) dazugeben.
- Mehl und Backmalz in die Rührschüssel geben und mit dem kalten Wasser 3 Minuten auf langsamster Stufe vermengen.
- Das Germ-Flüssigmalzgemisch dazugeben und eine Minute einkneten.
- Das Salz dazugeben und 5 Minuten auf etwas schnellerer Stufe kneten
- Die Butter dazugeben und 5 bis 10 Minuten fertigkneten (Fenstertest – siehe Text!)
- Danach den Teig zugedeckt bei Zimmertemperatur 45min rasten lassen und danach durchkneten um die Luftblasen aus dem Teig zu drücken. Dieses „Zusammenschlagen“ nach weiteren Rastzeiten von je 40min, 35min und 15min wiederholen.
- Den Teig in 9 Teile teilen, zu runden Kugeln schleifen und in etwas Mehl wälzen. Zugedeckt 30 Minuten rasten lassen.
- Die Flesserl formen (siehe Text)
- Die geformten Flesserl mit der Oberseite nach unten bei Zimmertemperatur zugedeckt für 15 Minuten gehen lassen.
- Die Flesserl wenden und die Oberseite mit Wasser besprühen. Die befeuchtete Oberseite in den mit dem Salz vermischten Mohn drücken und auf einem bemehlten Tuch mit der Mohnseite nach oben ablegen.
- Zugedeckt bei Raumtemperatur bis zur 3/4 Gare gehen lassen.
- In den auf 230° vorgeheizten Backofen einschießen, beschwaden und 3 Minuten anbacken. Die Temperatur auf 180° reduzieren und weitere 10 Minuten backen
- Den Dampf ablassen und 3 bis 5 Minuten fertigbacken.
- Aus dem Ofen nehmen und mit Wasser absprühen.
Quellen
„Geheimnisse aus der Backstube“, Seite 37 [BRANDL, LANG; Eigenverlag]
Zeitschrift für österreichische Volkskunde, Seite 1 [HÖFLER Max, Dr.; 1902; Verlag: Gerold & Co.]
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