Dieser Band ist nach Band 4 und Band 5 das dritte Buch der Reihe, das sich in meinen „Kochbüchern der Woche“ findet. Und es ist, da es die Gastköche des Jahres 2020 beinhält, eines das „aus der Reihe“ tanzt.
Das Corona-Jahr 2020 war besonders für die Gastronomie ein sehr herausforderndes und wenn das ganze Konzept auf das von internationalen Gastköchen basiert noch um eine Stufe mehr. Neben dem Restaurantbesuch war auch das Reisen selbst in diesem Jahr schwierig bis unmöglich. Dennoch hat es das Team um Martin Klein geschafft, auch heuer wieder ein Buch in gewohnt hoher Qualität sowohl hinsichtlich des Buches selbst aber natürlich auch bezüglich des Inhaltes zu Stande zu bringen.
Und wieder ist es kein Buch für das tägliche Kochen zu Hause. Nicht annähernd!
Die Rezepte verlangen nach Zutaten und Gerätschaften, die es in der normalen Küche einfach nicht gibt oder die für den Hobbykoch nicht zu bekommen sind. Von den Kosten für einige der Zutaten ganz abgesehen, die jeden Rahmen des Familienfriedens zerbröseln ließen.
Was es aber in diesem Buch gibt, sind Inspirationen ohne Ende. Und Teilrezepte, die dann sehr wohl für dich und mich geeignet sind. Oder einzelne komplette Rezepte, die sich mit ein wenig Kreativität und Fantasie so ändern lassen, dass sie zu Hause machbar werden.
Und wer weiß – vielleicht lässt es das Jahr 2021 zu, wieder ins Ikarus zu gehen und einige der Rezepte des Bandes Nummer 8 schon vor dessen Erscheinen genießen zu können.
Das Buch ist wieder, wie gewohnt, in die Menüs der Gastköche unterteilt. Während aber bisher jeweils bis zu 13 verschiedene Starköche waren, sind es diesesmal die Rezepte von nicht weniger als 26 Sterneköchen. Die diesesmal teilweise vom Team des Ikarus selbst umgesetzt wurden.
Dabei wurde auch aus dem Fundus an Rezepten von bisher bereits über 200 Sterneköchen der letzten Jahre gekocht – wer hat, der hat 🙂
Man merkt dem Buch das auf und ab des ganzen Jahres an: Während einige Abschnitte wie gewohnt aufgebaut sind – es werden die Gastköche sehr persönlich mit Werdegang, „Philosophie“ und vielen sehr schönen Fotos vorgestellt, dann folgt das Menü von dem einige Rezepte dann detailliert beschrieben werden.
Und dann gibts Kapitel aus jenen Phasen, in denen kein Gastkoch kommen konnte. Wie das, wo aus den Rezepten der vergangenen Jahre ein Menü zusammengestellt wurde, bei denen schon die Namen der „Quellen“ das Wasser im Mund zusammen laufen lassen: Bottura, Witzigmann, Wohlfahrt, Muller, Raue, Bau,…
Oder das Kapitel „Best of Österreich“, mit Alain Weissgerber vom „Taubenkobel“, Juan Amador, der 3 Sterne Koch aus dem gleichnamigen Restaurant in Wien und Konstantin Filippou aus dem ebenfalls nach ihm benannten Wiener Innenstadtlokal. Hier offenbart sich, dass auch hierzulande schon einige wahre Meister ihres Faches wirken – und dass das Ikarus frei von Konkurrenzdenken oder gar Neid auch diesen den ihnen zustehenden Raum im Buch gibt. Bravo!
Und so kommt ein sehr großformatiges Buch mit insgesamt 344 Seiten zustande, das sowohl zum Kochen aber auch zum bloßen Schmökern und Staunen einlädt. Und Lust auf einen Besuch im Hangar 7, im Ikarus macht.
Die Rezepte
Die Rezepte sind sehr gut beschrieben, wenn auch ein wenig Erfahrung und Kenntnis der wichtigsten Fachbegriffe vorteilhaft ist. Bei den Mengen muss man gut nachrechnen wieviel man braucht: Bei einigen Teilrezepten kommt viel mehr raus als dann für vier Portionen tatsächlich nötig ist.
Die Rezepte sind natürlich sehr aufwändig und nicht dafür gedacht, in einer normalen Haushaltsküche zubereitet zu werden. Da habe ich mich darauf verlegt, die Zubereitung an meine Möglichkeiten und Fähigkeiten anzupassen.
Ich empfehle jedenfalls, ein Rezept bevor man loslegt komplett und aufmerksam zu lesen um zu prüfen ob das überhaupt machbar ist oder welche Anpassungen nötig sind.
Damit wird sicher nicht das Niveau des Originals erreicht, aber es sind ohnehin nicht die Zutaten und Geräte die das verhindern – es wäre vermessen zu glauben, nur mit einem Buch und Enthusiasmus ein Gericht wie ein drei Sterne Koch zubereiten zu können. Aber ich werde mit jedem Rezept, das ich nachkoche soweit ich es kann, in meinem Hobby besser. Und das macht mächtig Spaß.
Einige Teilrezepte sind aber auch ohne jede Anpassung eine Bereicherung für den privaten Rezeptefundus und auch vom Aufwand her durchaus alltagstauglich. Die Ricotta-Cannolo von Ciccio Sultano auf Seite 130 sind so ein Fall 😉
Spaghetti mit Zitronenpesto und maurischer Taratatasauce
Und damit kommen wir schon zum ersten Rezept, das ich auf dieser Basis zubereitet habe. Das Rezept ist auch von Ciccio Sultano (Seiten 124-125) und beinhält bei ihm roh marinierte Gelbschwanzmakrele, die habe ich durch einen zart geräucherten Eismeersaibling ersetzt.
Ich habe dieses Rezept gewählt, weil es einerseits zu den in jeder Hinsicht machbaren gehört, aber auch weil das – glutenfreie – Zitronenpesto auch für meinen Großen mit seiner Zöliakie gut geeignet ist. Und gleich vorweg – es hat ihm sehr gut geschmeckt 🙂
Zutaten
Zitronenpesto
- 20 g Zwiebel fein gehackt
- 20 g Zitronengras fein gehackt
- 20 g Olivenöl
- 170 g Erdäpfel vorwiegend festkochend, gewürfelt
- 100 g Gemüsesuppe
- 7 g Ingwer fein gerieben
- 10 g Blattpetersilie
- 5 g Minze
- 1 TL Zitronenthymian getrocknet
- 1 TL Majoran getrocknet
- 30 g Spinatblätter gewaschen, grob gehackt
- 5 g Zitronensaft frisch gepresst
- Zitronenschale einer halben Zitrone
- Salz
maurische Taratatasauce
- 50 g Bottarga im Original: Thunfisch
- 50 g Mandelmehl im Original: Pinienkernmehl und Mandelmehl
- 3 Blätter Petersilie
- 3 g Ingwer fein gerieben
- 1 Spritzer Rotweinessig
- 7 g Zucker
- 1 Prise Zimt gemahlen
- 1 Prise Macis/Muskatblüte gemahlen
- 1 Prise Piment d'espelette
- 10 g Olivenöl
- Wasser nach Bedarf
- Saft und Schale je einer Viertel Orange und Zitrone
Palermitano-Brösel
- 5 g Sardellenfilets in Öl
- 5 g Kapern in Salz, gewässert
- 5 g Oliven entsteint
- 15 g Zwiebel fein gehackt
- 1/2 Stück Knoblauchzehe fein gehackt
- 15 g Tomatenmark
- 35 g Wasser
- 15 Blatt Petersilie fein gehackt
- 200 g Brösel
- 1/2 TL Oregano getrocknet
- Olivenöl
Pasta
- 400 g Spaghetti selbst gemacht oder hochwertige gekaufte
- 4 EL Olivenöl
- 4 TL Chili-Olivenöl
- 2 Stück Knoblauchzehe
- 200 ml Gemüsesuppe
- 8 EL Zitronenpesto gehäuft
Anrichten
- 200 ml Karottensaft
- Eismeersaibling-Carpaccio vom leicht geräucherten Eismeersaibling
- Kresse zum Dekorieren
Kurzanleitung
Zitruspesto
- Zuerst die harten Außenschichten des Zitronengrases entfernen und den Rest sehr fein hacken. Es werden 20g benötigt. Gemeinsam mit der fein gehackten Zwiebel in einem Esslöffel Olivenöl farblos 3 Minuten anschwitzen. Die geschälten und gewürfelten Erdäpfel dazugeben und 10 Minuten bei mittlerer Temperatur leicht anbräunen.
- Mit der Gemüsesuppe aufgießen, aufkochen und zugedeckt 20 Minuten weich kochen. Währenddessen den Ingwer reiben und die Kräuter und den Spinat vorbereiten.
- Die weich gekochten Erdäpfel mit den Kräutern, der Zitronenschale, dem restlichen Olivenöl und dem Spinat mit dem Pürierstab fein pürieren Mit Zitronensaft und Salz abschmecken.
Maurische Taratatasauce
- Den Bottarga fein reiben. Mit dem Mandelmehl, den fein gehackten Petersilienblättern und dem geriebenen Ingwer vermischen. Die Zitronen- und Orangenschale sowie deren Saft dazugeben. Mit dem Rotweinessig, dem Zucker, dem Zimt, der Muskatblüte, dem Olivenöl und soviel Wasser wie nötig zu einer Sauce verrühren. Mit Piment d'espelette abschmecken.
Palermitano-Brösel
- Zwiebel und Knoblauch sehr fein hacken und in einem Esslöffel Olivenöl farblos 3 Minuten anschwitzen. Die Sardellen mit den Kapern und den Oliven sehr fein hacken und dazugeben.
- Etwas Olivenöl dazugeben und etwas köcheln lassen. Dann Tomatenmark, Wasser und die fein gehackte Petersilie dazugeben. Köcheln bis eine Paste entsteht. Etwas abkühlen lassen.
- Die Mischung mit den Bröseln und dem Oregano gut vermengen – bei Bedarf etwas Olivenöl dazugeben – und mit dem Stabmixer durchmixen bis die Brösel keine Klumpen mehr aufweisen.
- Auf Küchenpapier komplett trocknen lassen. Die Menge reicht für wesentlich mehr als für dieses Rezept, tiefgekühlt halten sich die Brösel aber einige Wochen und können direkt aus dem Tiefkühler verwendet werden.
Pasta
- Die Pasta in ausreichend Salzwasser schwach al dente kochen. Währenddessen in einer Pfanne das Olivenöl und das Chili-Olivenöl erhitzen und die Knoblauchzehen darin braten um das Öl zu aromatisieren.
- Die Spaghetti mit einer Pastazange aus dem Nudelwasser noch tropfnass in die Pfanne mit dem Olivenöl geben – vorsicht, das kann spritzen! – und die Gemüsesuppe dazugeben. Die Spaghetti in der Gemüsesuppe gar kochen bis die Suppe fast völlig aufgenommen wurde.
- Die Pfanne von der Hitze nehmen und das Zitronenpesto dazugeben. Durchschwenken aber nicht mehr kochen.
Anrichten
- Die Pasta mit einem Ring mittig in einen vorgewärmten Pastateller setzen. 1 EL der Taratatasauce draufgeben und mit den Palermitanobröseln bestreuen.
- 2-3 Scheiben des geräucherten Eismeersaiblings drauf setzen und mit Kresse garnieren.
- Mit Karottensaft angießen und mit ein paar Tropfen Olivenöl beträufeln.
Teilrezept: Zitronenpesto
Mit diesem Pesto fange ich auch an. Im Buch ist die Menge um einiges größer und da dieses Pesto auch für andere als für dieses Rezept verwendbar ist, spricht auch nichts dagegen. Ich hab allerdings die Mengen reduziert – es war dennoch mehr als genug.
Im Buch werden die Kräuter alle frisch verwendet und in einem Presskolben-Entsafter entsaftet. Dann wird nur mehr der Kräutersaft verwendet. Ein solches Gerät habe ich nicht, daher hab ich die Kräuter als ganzes mit dem Stabmixer untergemixt. Da machts auch nichts, wenn Majoran und Zitronenthymian nur getrocknet da waren – im Winter gibts nicht so viele frische Kräuter.
Bei den Erdäpfeln hab ich die Sorte „Agria“ in einer vorwiegend festkochenden Variante genommen. Ich finde das ist eine sehr geschmackvolle Erdäpfelsorte und da sie gut lagerfähig ist, gibts die auch jetzt.
Teilrezept: Maurische Taratatasauce
Hier ist die besondere Zutat der (oder das?) Bottarga. Dabei handelt es sich um getrockneten Fischrogen. Ich habe welchen von der Meeräsche bekommen, im Originalrezept wird der vom Thunfisch verwendet. DEN muss man schon mögen, der Geschmack ist schon sehr ungewöhnlich.
Im Originalrezept wird halb/halb Pinienkern- und Mandelmehl verwendet. Pinienkernmehl war nicht aufzutreiben, also hab ich das durch Mandelmehl, das wir wegen der glutenfreien Rezepte für Daniel immer da haben, verwendet. Die gemahlene Gewürznelke hatte ich auch nicht, eine Prise Macis hat aber auch gut gepasst.
Auch hier ist die Originalmenge sehr üppig bemessen und auch hier hat die reduzierte Menge wie ich sie hier mache vollkommen ausgereicht.
Teilrezept: Palermitano-Brösel
Das ist für mich DIE Entdeckung in diesem Rezept! Dieses Teilrezept kommt in den Standardkatalog bei mir und ab jetzt über jede Pasta mit Pesto! Auch für die Sizilianische Pizza werden die ab sofort verwendet!
Auch hier gabs Anpassungen: Reduzierte Menge (es wird dennoch eine große Menge!) und statt „Capuliato“ (ein Pesto aus getrockneten Paradeisern) und Paradeissoße habe ich Tomatenmark und Wasser genommen. Und statt das „sizilianische Gehackte“ im Blitzhacker zu machen – das wäre mit der geringen Menge nicht gegangen – hab ich die fertige Bröselmischung mit den Pürierstab bearbeitet bis es keine Klumpen mehr gab.
Hat gut funktioniert!
Pasta kochen
Ja, da gibts auch was dazu zu schreiben 🙂
Die Pasta – 100g pro Person – in reichlich Salzwasser „wie einen Eisennagel“ kochen. Also nicht al dente sondern noch weniger. Bei Pasta, die in 10 Minuten al dente ist, wären das 8 Minuten Kochzeit. Etwa. Hängt auch von der Pasta ab. Also: Probieren und üben 🙂
Währenddessen in einer geeignet großen Pfanne das Olivenöl und das Chili-Olivenöl erhitzen und die angequetschten Knoblauchzehen darin leicht frittieren. Das geht gut, wenn man die Pfanne so schräg hält, dass das Öl zusammenläuft. Es dauert auch nur knapp eine Minute bis der Knoblauch bräunt, dann sofort raus damit und die Pfanne zurückschalten.
Die Pasta dann mit einer Pastazange aus dem Wasser noch tropfnass zum Öl geben.
Vorsicht! Wenn das Öl noch zu heiß ist, kann das böse spritzen!
Mit der Gemüsesuppe aufgießen und die Paste fertig kochen bis die Suppe fast aufgesogen ist. Dann die Pfanne von der Hitze nehmen und das Zitronenpesto dazugeben. Gut durchschwenken und nicht mehr kochen.
Wenn das Ganze dann etwas zu trocken wird, mit etwas vom Nudelwasser ergänzen. Die Pasta darf keinesfalls trocken sein – es gibt nichts traurigeres als trockene Pasta….
Anrichten
In einen vorgewärmten Pastateller die Nudeln mit Hilfe eines Rings mittig platzieren. Einen Esslöffel der Taratatasauce draufgeben – wenn die zu trocken ist, hilft ebenfalls etwas Nudelwasser – und darauf einen Esslöffel der Palermitano-Brösel streuen.
Da drauf dann zwei, drei Scheiben des geräucherten Eismeersaiblings – oder eines anderen roh marinierten oder nur leicht geräucherten Fisches – setzen. Mit Kresse garnieren.
Bei Tisch dann mit frischem Karottensaft umgießen und mit ein paar Tropfen Olivenöl dekorieren.
Fertig.
Mein Fazit
Ja, auch diesesmal hats mich beim ersten Durchblättern „gerissen“ und ich hab mich gefragt, was ich da draus zustande bringen könnte. Wie bei den vorherigen Bänden findet sich dann aber doch recht schnell ein Rezept und beim genaueren Lesen noch ein paar Teilrezepte die ich auch jedenfalls ausprobiere.
Mir ist da ein Bananenkuchen mit Dulce de leche aufgefallen….:-)
Jedenfalls hat mir mein Zugang geholfen, das was ich mache nicht mit dem Anspruch einer Kopie wie im Ikarus zu machen sondern angpasst an meine fachlichen und technischen Möglichkeiten das Beste mir mögliche draus zu machen.
Und bei diesem Rezept hier ist mir das auch gelungen.
Die Frau des Rezensenten
Die hat hier komplett „ausgelassen“. Es ist dieses Rezept nichts was sie anspricht – ganz besonders der Bottarga ist so gar nicht ihr Geschmack. Dafür hat der junge Herr des Hauses großen Gefallen am Zitronenpesto gefunden und die Brösel werd ich beim nächsten Mal mit seinen glutenfreien Bröseln machen.
Ich bin mir sicher, da haben wir was Neues auf unserem Speiseplan 🙂 Und wer weiß, vielleicht kommt auch die Göttin des Alltags noch auf den Geschmack.
Budgettechnisch ist diese Buche durchaus geeignet, die Wirtschaft zu retten und unsere Haushaltsbudget zu strapazieren. Aber es ist ja auch nichts für jeden Tag, von daher machts wie immer die Dosis.
TECHNISCHE DATEN
- Gebundene Ausgabe: 344 Seiten
- Verlag: Pantauro (10. Dezember 2020)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 978-3710500466
- Größe: 25,6 x 3,8 x 34 cm
Erhältlich ist dieses Buch beim Buchhändler in ihrer Nähe oder im Onlinehandel.
Hinweis: Von diesem Buch wurde mir vom Verlag Pantauro ein Rezensionsexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt. Es wurde kein Einfluss auf den Inhalt dieses Artikels genommen!
- Pinsa Romana - 31. März 2024
- Tarte Tatin Surprise - 29. Oktober 2023
- Emmer-Vollkornbrot - 7. April 2023
Schreibe einen Kommentar