Der Germguglhupf ist eine Wiener Kaffeehausikone und daran rumzudoktern fast ein Sakrileg. Aber getreu meinem Motto, dass Tradition die Weitergabe des Feuers und nicht das Bewachen der Asche ist, darf das sehr wohl sein.
Dabei mach ich nichts großartig Besonderes: Ich ersetze lediglich die Germ durch einen milden italienischen Weizensauerteig, die sogenannte „Pasta Madre“ oder „Lievito Madre“.
Was macht das mit „unserem“ Guglhupf? Wird der jetzt zum italienischen Panettone oder Pandoro?
Nein, wird er nicht! Es bleibt unser Wiener Guglhupf, er schmeckt nur nicht nach der Germ. Und er hält deutlich länger frisch, was typisch ist für Brot und Gebäck, das mit Sauerteig statt Germ gemacht wird.
Geschichte des Guglhupf
Wie so oft behauptet mancher Wiener einen Zusammenhang mit den Türken. Hier mit der Form des Turbans der Türken, die – wie man hier nicht vergisst bei jeder diesbezüglichen Gelegenheit zu erwähnen – Wien gleich zweimal erfolglos belagert haben.
Aber auch wie oft, ist das reine Erfindung: Die Form ist nämlich sehr viel älter und stammt von den Gründern der Stadt, den antiken Römern. Es fanden und finden sich nämlich im ganzen ehemaligen Reichsgebiet Bronzegefäße in dieser Form, die wohl die Strahlen der Sonne symbolisieren sollen.
Wie es zum Namen kam ist noch nicht endgültig geklärt. Ein Vermutung bezieht sich auf die österreichische Dialektbezeichnung „Kogl“ für einen Hügel oder eine Bergkuppe.
Wo der Guglhupf dann aber eine geschichtlich verbriefte Bedeutung hatte, war bei Kaiser Franz Joseph, der seine „Freundin“ Katharina Schratt in Bad Ischl regelmäßig besuchte und dort einen Guglhupf zur Stärkung genoss. Die Schratt hatte nicht nur immer einen frisch gebackenen Guglhupf der Konditorei Zauner am Tisch, sondern sogar immer noch einen Reserveguglhupf parat, falls es zu einem unvorhergesehenen Zwischenfall gekommen wäre….
Rezept
Aber widmen wir uns nicht zu sehr der Geschichte bzw. den Geschichten, ein Guglhupf will gebacken und gegessen werden:
Ingredients
Weizensauerteig
- 20 g Weizensauerteig-Anstellgut frisch aufgefrischt, zimmerwarm
- 50 g Weizenmehl W 700 glatt
- 45 g Wasser leitungskalt
Rumrosinen
- 100 g Rosinen
- Kirschschnaps
Hauptteig
- Weizensauerteig
- 500 g Weizenmehl W 700 glatt, bei Bedarf etwas mehr
- 150 g Butter kühl aber formbar, nicht kalt
- 90 g Zucker feinkristall
- 10 g Vanillezucker
- 4 Stück Ei groß, zimmerwarm
- 200 ml Milch
- 1 EL Rum
- 1 Prise Salz
- Zitronenschale einer ganzen Zitrone
- Rumrosinen
- 50 g Mandelstifte frisch geröstet, zum Ausstreuen der Form
- Butter zum Ausstreichen der Form
Kurzanleitung
Weizensauerteig vorbereiten
- Alle Zutaten des Weizensauerteiges klumpenfrei verrühren und ca. 8 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen
Rumrosinen
- Die Rosinen in einem geeigneten Gefäß mit dem Kirschschnaps übergießen und 8 Stunden einweichen. Währenddessen mehrmals umrühren oder schütteln.
Hauptteig
- Die Butter mit dem Zucker und dem Vanillezucker in etwa 2 bis 3 Minuten schaumig rühren. Nach und nach die ganzen Eier zugeben, ebenso dann Rum, Zitronenschale und Salz.
- Den Weizensauerteig, die Milch und das Mehl dazugeben und alles zusammen zu einem weichen, geschmeidigen Teig auskneten.
- Die Rumrosinen abseihen und die Rosinen zum Teig geben. Etwa 2 Minuten auf langsamster Stufe unterkneten bis die Rosinen gut verteilt sind.
Teigreife
- Den Teig drei Stunden in einer geeigneten Wanne reifen lassen, dabei alle 45 Minuten von jeder Seite einmal dehnen und falten.
- Eine Guglhupfform mit Butter ausstreichen und mit frisch gerösteten Mandelstiften ausstreuen.
- Den Teig in die Form geben und nochmal gehen lassen bis sich das Volumen deutlich vergrößert hat und ein, zwei Zentimeter unter dem Rand steht. Das dauert etwa 2 Stunden.
Backen
- Den Backofen rechtzeitig auf 180° Ober/Unterhitze vorheizen
- Den Guglhupf in etwa 40 Minuten backen. Sollte der Guglhupf zu stark bräunen mit Alufolie abdecken.
- Wenn der Guglhupf fertig gebacken ist (Stäbchenprobe), die Form aus dem Ofen nehmen und 10 Minuten in der Form abkühlen lassen.
- Aus der Form stürzen und vollständig abkühlen lassen.
- Vor dem Servieren mit reichlich Staubzucker bestreuen.
Anleitung
Den Anfang macht der Sauerteig, die Pasta Madre. Um eine fein-aromatischen Pasta Madre ohne zuviel Säure für den Guglhupf zu bekommen, muss das Anstellgut erst mal aufgefrischt werden. Meinen frische ich immer mit 100g Wasser, 100g altem Anstellgut und 100g Weizenmehl auf. Den lasse ich dann bei Raumtemperatur stehen bis er sich verdoppelt hat.
Davon nehme ich dann die 20g Anstellgut aus diesem Rezept – der Rest kommt in den Kühlschrank – und diese 20g werden jetzt mit dem Wasser und dem Weizenmehl klumpenfrei verrührt. Das steht jetzt wieder bei Raumtemperatur bis sich die Pasta Madre mindestens verdoppelt hat, von Luftbläschen durchzogen ist und fruchtig frisch riecht. Das dauert ca. 6 bis 8 Stunden, je nach Tagesform des Sauerteiges und der Raumtemperatur.
Die Rosinen werden auch gleich im Kirschschnaps eingeweicht – es geht auch Rum – damit die sich in den Stunden bis zur Verwendung gut damit „ansaufen“ können 🙂
Jetzt ist mal ein paar Stunden Pause.
Weiter gehts mit dem Hauptteig. Dafür brauchts Butter, die weich, aber noch kühl sein sollte. Die Eier sollten dieselbe Temperatur wie die Butter haben – beides daher rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen – damit sie sich beim Mixen gut miteinander verbinden.
Und mit der Butter gehts auch los: Diese mit dem Zucker und dem Vanillezucker in zwei, drei Minuten schaumig mixen. Dann nacheinander die ganzen Eier dazugeben, weitermixen und nacheinander Rum, Zitronenschale und Salz dazugeben.
Das kommt jetzt in die Knetschüssel der Küchenmaschine und wird mit der Milch, dem Weizenmehl und natürlich dem Sauerteig zu einem geschmeidigen, glatten Teig ausgeknetet. Wenns soweit ist, die Rosinen abseihen und zum Teig geben. Die Rumrosinen dann auf langsamster Stufe einkneten bis sie sich gleichmäßig verteilt haben.
Damit ist der Teig fertig – den jetzt in eine geeignete Schüssel oder Wanne kippen wo er die nächsten Stunden verbringen wird.
Und zwar werdens drei Stunden, in denen der Teig alle 45 Minuten von allen Seiten je einmal gedehnt und gefaltet wird. Dafür den Teig an einer Seite mit leicht befeuchteten Händen fassen, hochziehen und über den restlichen Teig schlagen. Das an den restlichen Seiten wiederholt ist ein Durchgang.
In einer der Pausen dazwischen die Mandelstifte in einer Pfanne ohne Fett rösten bis sie bräunen. Die Mandelstifte dann auskühlen lassen.
Nach der Gehzeit dann den Teig auf eine bemehlte Arbeitsfläche kippen und zu einer Kugel formen.
Die Guglhupfform mit Butter ausstreichen und mit den frisch gerösteten und abgekühlten Mandelstiften ausstreuen.
In die Teigkugel in der Mitte ein Loch drücken, dieses mit den Händen erweitern und den Teig dann behutsam in die Guglhupfform legen. Nicht „reinschmeissen“, das tut der Pasta Madre nicht gut – die ist da ein wenig empfindlicher als die robustere Germ.
In der Form den Teig nochmal zugedeckt gehen lassen, bis er etwa ein, zwei Zentimeter unter dem Rand der Form steht. Das dauert nochmal etwa zwei Stunden.
Dann den Backofen auf 180° Ober/Unterhitze vorheizen und den Rost auf mittlere Stufe bzw. etwas tiefer einschieben, damit die Form in etwa in der Mitte des Ofens steht.
Die Form auf den Rost stellen und den Guglhupf etwa 40 Minuten backen. Er geht dabei stark auf. Und falls er zu stark bräunt, könnt ihr die Oberfläche mit etwas Alufolie abdecken.
Wenn der Guglhupf fertig gebacken ist – das kann mit der Stäbchenprobe überprüft werden – die Form aus dem Ofen nehmen und auf einem Gitter 10 Minuten abkühlen lassen.
Dann den Guglhupf aus der Form stürzen und auf dem Gitter vollständig abkühlen lassen.
Vor dem Servieren dann den Guglhupf noch mit reichlich Staubzucker besieben. Der Guglhupf hält einige Tage frisch und sogar danach ist er mit etwas Butter und Marmelade bestrichen noch sehr gut.
Quellen
Wieder waren hier mehrere Rezepte beteiligt – einerseits das Buch „Backen mit Pasta Madre“ von Vea Carpi, andererseits das Buch „Das Kaffeehaus“ (ISBN 978-3862441068) von Rick Rodgers.
Aus ersterem stammt die Sauerteigführung, aus „Das Kaffeehaus“ das restliche Rezept. Gemeinsam kommt was ganz feines dabei raus.
„Backen mit Pasta Madre“ erschienen 2020 im Verlag Edition Raetia.
ISBN: 978-8872837214
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