Mit diesem Kochbuch geht’s zurück nach Österreich und da gleich ganz hoch hinaus. Nämlich auf die Almen und die dortigen Almhütten. Im Buch „Der Geschmack der Berge“ von Susanne Schaber und Herbert Raffalt aus dem österreichischen Tyrolia-Verlag gibt’s authentische Almrezepte von Heute. Mit „von Heute“ ist gemeint, dass es sich zwar um traditionelle Gerichte handelt, die aber noch heute im Rahmen der modernen Almwirtschaft in diesen großen Höhen zubereitet werden.
Dabei ist dieses Buch keine reine Rezeptsammlung sondern auch ein Lesebuch über die moderne Almwirtschaft. Erzählt wird von Marianne und Tina, die die Ritzingerhütte auf der steirischen Viehbergalm bewirtschaften, von Josef, einem Käser im Bregenzerwald und seiner Familie oder von Renata, die die Malga Priu bewirtschaftet, eine Alm im italienischen Kanaltal, die seit 1800 im Familienbesitz ist.
Man erfährt so vieles über das heutige, moderne Leben und Arbeit „auf der Alm“ weitab von nostalgischem Postkartenklischee.
Aber auch die Rezepte kommen nicht zu kurz. Es handelt sich durchwegs um gehaltvolle Gerichte, wie sie für schwer arbeitende Menschen oder müde Wanderer geeignet sind. Die Kärntner Frigga, Ennstaler Roggenkrapfen, Melchermuas, Rahmkoch und natürlich der Kaiserschmarren findet sich in diesem Buch. Dazu noch einige Rezepte aus der Kräuterküche wie eine Arnikatinktur, Wildkräutersalat und Fichtenspitzenhonig.
Dabei wird bei allen Rezepten darauf Wert gelegt, dass die Zutaten ebenfalls authentisch sind. Entweder gut lagerfähiges wie Erdäpfeln, Mehl, Polenta oder Zutaten die auf der Alm gesammelt werden können wie Beeren und Kräuter. Und natürlich die Erzeugnisse der Almwirtschaft selbst wie Speck, Käse und Milch. Die Rezepte kommen zum großen Teil mit nur wenigen Zutaten aus.
Dass die Almwirtschaft kein Folklorethema ist sondern einen wertvollen Beitrag zur Wirtschaft in Österreich leistet, zeigt eine Studie des Lebensministeriums von 2006. In nur 100 Tagen – so lange dauert etwa die „Saison“, erwirtschaften die etwa 9000 Almen jährlich 115 Millionen Euro in landwirtschaftlichen Produkten und Erzeugnissen. Nochmal so viel kommt über den Tourismus dazu und den Wert der Pflege der Kulturlandschaft und damit auch Katastrophenprävention. Hier nimmt die Studie einen „Wert“ von 50 Millionen Euro an, aber jede Lawine weniger, jeder vermiedene Erdrutsch ist meiner Meinung nach in Geld nicht aufzuwiegen gegen das Leid, das dadurch oftmals vermieden wird.
Es sind sehr oft idealistische Menschen, die sich diese harte Arbeit antun, aber dennoch ist es in jeder Hinsicht wertvolle Arbeit, die nicht hoch genug geschätzt werden kann.
Die Autoren
Die Autorin des Buches, Susanne Schaber, ist 1961 in Innsbruck geboren und lebt als Reiseschriftstellerin und Literaturkritikerin in Wien. Neben diesem Buch hat sie bereits Bücher über Island, die Pyrenäen und die Provence verfasst. Auch die Wiener Kaffeehäuser hat sie in einem Buch beschrieben und mit dem Band „Tirol – Land in den Bergen“ und „Almen in Österreich“ einschlägige Erfahrung.
Fotografiert wurde für dieses Buch von Herbert Raffalt, einem 1964 geborenen Schladminger. Er ist nicht nur mehrfach ausgezeichneter Fotograf sondern auch geprüfter Bergführer und seit vielen Jahren der Leiter der Alpinschule in Schladming sowie Ausbildungsreferent der steirischen Bergwanderführer.
Frigga – ein Holzhackeromelett
Gleich zu Anfang sei es gesagt: Dieses Gericht ist sogar für die Verhältnisse dieses Buches schwere Kost! Frigga war zu jenen Zeiten, in denen die Gailtaler Holzfäller oft mehrere Tage durchgehend im Wald verbrachten, jenes Gericht, das erstens mit den verfügbaren Zutaten, zweitens von Männern im Wald und drittens ohne viel Aufwand zubereitet werden konnte. Und es hatte den Zweck, körperlich schwer arbeitende Männer „durch den Tag“ zu bringen.
Die Frigga genießt vor allem im Kärntner Gailtal hohen Status. Mehrere Orte rühmen sich, der Ursprung der Frigga zu sein. Die Rezepte unterscheiden sich oft stark: Während manche Varianten mit sehr vielen Eiern eher einer Eierspeise ähneln kommen andere ganz ohne Eier aus. Auch Erdäpfel, Äpfel oder sogar Radicchio mitgebraten. Die Frigga ist unter ähnlichen Namen in der gesamten Region bekannt: Im angrenzenden Slowenien als Frika, in Italien als Frico.
Speck, Zwiebel, Bergkäse und Eier. Butter zum Braten und als Beilage eine einfache Polenta. Die Zubereitung ist denkbar einfach: Den Speck in einer Pfanne anbraten bis das Fett austritt, klein geschnittene Zwiebel dazu geben und kurz anrösten ohne sie Farbe nehmen zu lassen.
Den geriebenen Bergkäse darüber streuen. Durchmischen bis der Käse geschmolzen ist und dann die leicht verquirlten Eier drunterrühren. Zu einem Omelett braten und auf Polenta servieren.
Oder auch einfach auf gerösteten Brotscheiben. Da Frigga ein sehr würziges „Omelett“ ist, eignet sich das salzlose toskanische Weißbrot ganz ausgezeichnet dafür. Klassisch ist natürlich ein herzhaftes Kärntner Bauernbrot.
Ingredients
Für die Polenta
- 300 ml Wasser
- 1/2 TL Salz
- 2 EL Butter
- 150 g Maisgrieß grob
Für die Frigga
- 180 g Speck luftgetrockneter Bauchspeck, gewürfelt
- 1 Stück Zwiebel weiß
- 150 g Bergkäse Gailtaler Almkäse
- 3 Stück Ei
Kurzanleitung
Polenta
- Das Wasser zum Kochen bringen, salzen und die Butter darin schmelzen. Die Hitze reduzieren und den Maisgrieß einrieseln lassen. Kurz weiter köcheln bis die Flüssigkeit aufgesogen ist. Die Polenta zugedeckt ins auf 150° vorgeheizte Backrohr stellen und 15 Minuten ziehen lassen. Dabei alle paar Minuten mit einer Gabel auflockern.
Frigga
- Den Speck würfeln und die Zwiebel klein schneiden. Den Käse reiben und die Eier leich verquirlen. Den Speck in einer Pfanne – beschichtet oder eine Eisenpfanne – anrösten bis er anfängt Fett zu lassen. Die Zwiebeln dazugeben und kurz mitbraten ohne sie Farbe annehmen zu lassen.
- Den geriebenen Käse darüberstreuen und vermischen bis der Käse geschmolzen ist. Die verquirelten Eier darübergießen und unter Rühren zu einem Omelett braten.
Anrichten
- Auf einem vorgewärmten Teller oder einer Servierpfanne je ein Drittel der Polenta verteilen. Die Frigga dritteln und auf der Polenta anrichten.
Notes
Kaspressknödel
Die Kaspressknödel sind ein typisches Alm- oder Hüttenessen. Serviert entweder mit Krautsalat oder als Suppeneinlage und je nach Alpenregion mit einem regionalen, würzigen Käse zubereitet sind die Kaspressknödel mittlerweile weit über die Alpen hinaus bekannt geworden. Diese spezielle Version beinhält auch gekochte Erdäpfel.
Als Käse habe ich mir einen Roccolo, einen Rohmilchkäse aus der Lombardei ausgesucht. Dieser außergewöhnliche Käse ist im Kern bröckelig und ähnlich einem Feta, wird nach außen hin aber cremiger und würziger. Die Zutatenliste selbst ist überschaubar: Semmelwürfel, Milch, Mehl, Ei, Erdäpfel und eben der Roccolo-Käse.
Alle Zutaten zu einer Knödelmasse vermengen und gut durchkneten. Ein wenig rasten lassen und flache Knödel formen. Diese dann in einer Pfanne in Butterschmalz goldgelb herausbraten, schon sind sie fertig für Suppe oder Salat.
Ingredients
- 175 g Semmelwürfel
- 100 g Roccolo oder Graukas bzw. einen anderen würzigen Käse
- 1 Stück Ei
- 2 Stück Erdäpfel mehlig, gekocht
- 125 ml Milch
- 1 Prise Salz
- 25 g Mehl
- Butterschmalz zum ausbraten
Kurzanleitung
- Die Erdäpfel schälen, vierteln und in Salzwasser bissfest kochen. Abseihen und kurz ausdampfen lassen und passieren. Die Semmelwürfel mit dem zerstückelten Käse, dem Ei, einer Prise Salz und den passierten Erdäpfeln gut vermischen. Die Milch dazugeben und durchziehen lassen. Dann mit Mehl bestauben und gut durchkneten. Sechs Knödel formen und diese flachdrücken. In einer schweren Pfanne in Butterschmalz goldbraun braten.
Käsknöpfle
Die Amerikaner haben ihr „Mac & Cheese“, wir haben Käsknöpfle! Eine Spezialität aus Vorarlberg, die es in Abwandlungen aber auch in anderen Gegenden in den Alpen gibt. Verwandte sind zum Beispiel die Salzburger Kasnockn, die aber in der Pfanne gebraten werden und mit Schnittlauch serviert werden.
Hier also die Variante aus dem äußersten Westen Österreichs, mit Rässkäse, Bergkäse und dem von mir sehr geschätzten Gruyere.
Den Beginn machen die Knöpfle und die sind so einfach selbst gemacht, dass es länger dauern würde, in den Supermarkt und zurück zu fahren – vorausgesetzt man hat Mehl, Eier und ein wenig Salz zur Verfügung. Die Zutaten außer dem Wasser in einer großen Schüssel mit einem Kochlöffel vermengen und dann gerade soviel Wasser einrühren, dass ein zäher Teig entsteht.
In einem großen Topf ausreichen Wasser aufkochen und salzen. Die Hitze zurückdrehen sodass das Wasser siedet und den Teig mit einem Spätzlehobel oder einem Spätzlesieb ins Wasser hobeln bzw. streichen. Es sollten kleine, nockerlförmige Knöpfle entstehen.
Tipp: Mit einem Spätzlesieb samt Karte gelingen die Knöpfle am Besten, wenn man die Teigkarte beim Durchstreichen des Teiges sehr steil hält. Je flacher die Karte geführt wird, desto länger werden die Knöpfle bzw. Spätzle.
Die Knöpfle aus dem Wasser nehmen und abschrecken. Zugedeckt abtropfen lassen. Die Käsestücke reiben und eine feuerfeste Form mit Butter ausstreichen. Nun abwechselnd Knöpfle und Käse in die Form schichten, dabei mit Knöpfle beginnen und mit Käse abschließen. Die Form ins auf 160° vorgeheizte Backrohr stellen bis der Käse gut geschmolzen ist.
Während die Knöpfle im Rohr sind, den Zwiebel entweder in einer Pfanne knusprig rösten oder in Öl frittieren. Ich habe mich für letzteres entschieden. Sind die Zwiebeln fertig, die Knöpfle aus dem Rohr holen, mit den Röstzwiebeln bestreuen und sofort servieren. Dazu passt Salat oder – echt jetzt – Apfelmus!
Ingredients
- 250 g Weizenmehl doppelgriffig
- 250 g Weizenmehl 700
- 3 Stück Ei Größe M
- 5 g Salz
- 300 ml Wasser
- 80 g Gruyere gerieben
- 80 g Bergkäse gerieben
- 80 g Rässkäse gerieben
- 1 Stück Zwiebel
- 1 TL Butter
Kurzanleitung
- Das Mehl mit den Eiern und dem Salz mit einem Kochlöffel verrühren und ca. 300ml Wasser unterrühren bis ein zäher Teig entstanden ist. Den Teig rasten lassen, währenddessen in einem großen Topf Wasser aufkochen und salzen.
- Den Spätzleteig mit einem Spätzlehobel oder ein Spätzlesieb als kurze Knöpfle portionsweise in das leicht wallende Wasser hobeln bzw. passieren. Wenn die Spätzle aufschwimmen (etwa 1-2 Minuten) sind sie fertig
- Die Spätzle mit einer Schaumkelle aus dem Wasser holen und abschrecken und abtropfen lassen.
- Eine feuerfeste Form mit Butter ausstreichen und die Spätzle abwechselnd mit den vermischten, geriebenen Käsesorten in die Form schichten. Dabei mit Spätzle beginnen und mit Käse abschließen. Die Form ins auf 160° vorgeheizte Backrohr stellen.
- Nun die in Streifen geschnittene Zwiebel braun rösten. Ist der Käse auf den Knöpfle gut geschmolzen, die Form aus dem Ofen nehmen, mit den Röstzwiebeln bestreuen und sofort servieren.
Wie bereits erwähnt ist dieses Buch neben einer Rezeptsammlung auch ein Lesebuch. Es wird immer jeweils ein Betrieb, eine Alm vorgestellt, das Leben und die Geschichte(n) der dort wirkenden Personen sehr gut beschrieben ohne dabei rührselig zu werden. Stimmungsvolle Bilder begleiten die Geschichten und regen dazu an, selbst dort hin zu fahren.
An jede dieser Geschichten schließt ein Rezeptteil an, der auf diese Bezug nimmt. Entweder direkt Rezepte von der beschriebenen Alm oder den Menschen dort oder Rezepte aus der Region. Diese sind oft in größeren Mengen angegeben als es für einen normalen Haushalt üblich wäre, ich empfehle daher die Mengen vor der Zubereitung an den Bedarf anzupassen 🙂
Das Buch ist nicht nach Gängen oder Zutaten sortiert sondern die einzelnen Rezeptkapitel beziehen sich auf die jeweils davor vorgestellten Personen oder Orte. Das ist eine wie ich finde gute Einteilung und passt zu diesem Buch. Ein Rezeptverzeichnis gleich zu Beginn des Buches erleichtert die Orientierung.
Die Rezepte selbst sind sehr kurz gefasst und nicht jedes verfügt über ein Foto. Da die Rezepte aber durchwegs einfach sind, sollte die Hobbyköchin, der Hobbykoch damit keine Probleme haben. Bei vielen ist dafür noch ein kurzer Absatz dabei, der das Gericht erklärt, wo es herkommt und wer es für wen zubereitet hat.
Auch ist es, wie gesagt, keine leichte Küche und es wird auch gar nicht versucht, hier in diese Richtung zu sparen. Ich finde das gut so, würde doch durch „Light“-Varianten die Authentizität der Rezepte verloren gehen.
Ganz besonders möchte ich noch empfehlen, die Geschichten zwischen den Rezepten zu lesen – es sind schön verfasste Geschichten von interessanten Menschen. Den Menschen, die hinter den Rezepten in diesem Buch stehen.
Die Frau des Rezensenten
Erst war sie eher skeptisch wegen der doch eher rustikalen Rezepte und für die Frigga konnte ich sie nicht begeistern. Bei den Kaspressknödeln war das schon was anderes, die fanden schon Anklang. Die Käsknöpfle waren dann ganz das Ihre und die werden den Weg in unser Standardrepertoire finden.
Was meiner Liebsten besonders gefallen hat, war der geringe Aufwand in Zutaten und Geschirr, der hier notwendig ist.
Technische Daten
- Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
- Verlag: Tyrolia (1. März 2018)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 978-3702236700
- Größe: 21,2 x 2,7 x 26,6 cm
Hinweis: Von diesem Buch wurde mir vom Verlag Tyrolia ein Rezensionsexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt. Es wurde kein Einfluss auf den Inhalt dieses Artikels genommen!
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